Keine Rabattbewertung nach § 8 Abs. 3 EStG bei Barlohn – VI R 44/05

BUNDESFINANZHOF

Gibt der Arbeitgeber Provisionen, die er von Verbundunternehmen für die Vermittlung von Versicherungsverträgen erhalten hat, in bestimmten Fällen an eigene Arbeitnehmer weiter, gewährt er Bar- und nicht Sachlohn, wenn eine Vermittlungsleistung nur den Verbundunternehmen erbracht wird und auch nur diesen gegenüber Ansprüche bestehen, mit der Folge, dass weitergeleitete Provisionen nicht nach § 8 Abs. 3 EStG zu bewerten sind.

EStG § 8 Abs. 3

Gründe

I.

Die Klägerin und Revisionsbeklagte (Klägerin), eine Bank, vermittelt neben dem Bankgeschäft gegenüber sog. Verbundpartnern Versicherungsverträge, für die sie von den Verbundpartnern Provisionszahlungen erhält. Soweit Mitarbeiter der Klägerin in die Vermittlung von Versicherungsverträgen gegenüber Dritten (Bankkunden) eingeschaltet waren, wurden sie an der Abschlussprovision teilweise beteiligt. Waren Mitarbeiter oder bestimmte Familienangehörige Versicherungsnehmer, wurde die Abschlussgebühr an den betreffenden Mitarbeiter in voller Höhe weitergeleitet, weil man an den eigenen Mitarbeitern nicht verdienen wollte. Die diesbezügliche Handhabung beruhte auf einer betrieblichen Übung und ab April 1998 auf einer Betriebsvereinbarung.

Im Anschluss an eine Lohnsteuer-Außenprüfung für den Zeitraum März 1997 bis Oktober 2000 stellte die Prüferin fest, dass die an die Mitarbeiter in den Fällen weitergegebenen Provisionen, in denen diese selbst bzw. deren Angehörige Versicherungsnehmer waren, nicht dem Lohnsteuerabzug unterworfen worden waren, weil die Klägerin davon ausgegangen war, dass die weiter geleiteten Provisionen gemäß § 8 Abs. 3 des Einkommensteuergesetzes (EStG) um den Rabattfreibetrag zu kürzen seien. Letztere Auffassung teilte die Prüferin nicht. Ihr folgend erließ der Beklagte und Revisionskläger (das Finanzamt –FA–) u.a. deswegen den angefochtenen Haftungs- und Nachforderungsbescheid vom 27. Juni 2001.

Die nach erfolglosem Einspruch wegen der Erfassung der weiter geleiteten Provisionen erhobene Klage hatte Erfolg.

Mit der Revision rügt das FA die Verletzung materiellen Rechts. Das Finanzgericht (FG) habe sich zu Unrecht auf das Urteil des Bundesfinanzhofs (BFH) vom 30. Mai 2001 VI R 123/00 (BFHE 195, 376, BStBl II 2002, 230) berufen. Dort sei es darum gegangen, ob ein Arbeitgeber seinen Arbeitnehmern dadurch verbilligten Versicherungsschutz verschafft habe, dass er durch Vorausverzicht auf seine Provisionsansprüche bewirkt habe, dass die Versicherungsgesellschaft niedrigere Verbundtarife kalkuliert habe. Dagegen seien den Arbeitnehmern im Streitfall weder günstigere Versicherungskonditionen eingeräumt worden noch habe der Arbeitgeber seinen Arbeitnehmern vergünstigte Vermittlungsleistungen erbracht. Auf die Konditionen der abgeschlossenen Versicherungen habe der Arbeitgeber weder Einfluss genommen noch nehmen können. Auch habe den Mitarbeitern gegenüber kein Anspruch auf eine Vermittlungsprovision bestanden, auf die hätte verzichtet werden können. Die Arbeitnehmer hätten lediglich eine zusätzliche Lohnzahlung als Finanzierungsbeitrag erhalten.

Das FA beantragt, das angefochtene Urteil aufzuheben und die Klage abzuweisen.

Die Klägerin beantragt, die Revision zurückzuweisen.

In dem vom FA noch angeführten Urteil des FG Nürnberg vom 6. August 2002 I 73/98 (Entscheidungen der Finanzgerichte –EFG– 2002, 1584) sei eine Bank tätig geworden, obwohl das Vermittlungsgeschäft eigentlich von einer Tochtergesellschaft wahrgenommen worden sei. Im Streitfall vermittle die Klägerin –auch nach außen– selbst, weshalb Vermittlungsleistungen zu ihrer Produktpalette gehörten. Im Urteil in BFHE 195, 376, BStBl II 2002, 230 sei lediglich entschieden worden, dass kein geldwerter Vorteil vorliege, wenn keine günstigeren Tarife gewährt wurden. Denn dort sei die Vermittlungsprovision nicht zugunsten der Arbeitnehmer ausgezahlt worden.

II.

Die Revision ist begründet. Sie führt zur Aufhebung des angefochtenen Urteils und zur Abweisung der Klage (§ 126 Abs. 3 Nr. 1 der Finanzgerichtsordnung –FGO–). Das FG hat zu Unrecht Sachlohn statt Barlohn angenommen.

1. Die besondere Rabattbesteuerung des § 8 Abs. 3 EStG setzt u.a. voraus, dass der Arbeitnehmer von seinem Arbeitgeber Waren oder Dienstleistungen aus dessen Produktpalette verbilligt erhält (ständige Höchstrichterliche Rechtsprechung, zuletzt BFH-Urteil vom 16. Februar 2005 VI R 46/03, BFHE 209, 214, BStBl II 2005, 529, m.w.N.). Wie sich insbesondere aus dem Wortlaut „so gelten als deren Werte abweichend von Abs. 2“ … ergibt, handelt es sich um eine Sonderbewertung von Sachbezügen, die auf Barlohn nicht zur Anwendung kommt. Denn dieser ist nach dem Nominalwertprinzip mit dem Nennwert zu erfassen und bedarf keiner gesonderten Bewertung.

2. Entgegen der Ansicht der Vorinstanz hat die Klägerin ihren Arbeitnehmern weder verbilligten Versicherungsschutz verschafft noch ihnen gegenüber eine verbilligte Vermittlungsleistung erbracht.

a) Was die abgeschlossenen Versicherungsverträge selbst betrifft, ist nicht erkennbar, dass den Arbeitnehmern andere als marktübliche Konditionen eingeräumt wurden. Sie hatten weder geringere Beiträge zu entrichten noch wurden ihnen günstigere Leistungsbedingungen gewährt. Mangels verbilligten Versicherungsschutzes kam Arbeitslohn insoweit weder als Lohnzahlung eines Dritten noch der Klägerin in Betracht.

Insbesondere wurden den Arbeitnehmern nicht –wie möglicherweise im Fall des BFH-Urteils in BFHE 195, 376, BStBl II 2002, 230– deswegen günstigere Versicherungskonditionen eingeräumt, weil das Versicherungsunternehmen mit Rücksicht auf einen Provisionsverzicht ihres Arbeitgebers bei dessen Arbeitnehmern die zu erbringenden Beiträge niedriger kalkuliert hätte. Dem genannten Urteil sind –neben Grundsätzen zum Lohnsteuerabzug– Ausführungen nicht nur zum Lohncharakter von Einnahmen, sondern (unter II. 6.) auch zu deren Bewertung nach § 8 Abs. 3 EStG zu entnehmen. Diese Vorschrift setzt bei Einschaltung eines Dritten voraus, dass dieser für Rechnung des Arbeitgebers tätig wird, der Arbeitgeber den verschafften Vorteil also wirtschaftlich trägt (BFH-Urteil vom 4. Juni 1993 VI R 95/92, BFHE 171, 74, BStBl II 1993, 687). Eine solche Konstellation liegt nicht vor, wenn Arbeitnehmer Versicherungsschutz lediglich zu marktüblichen Bedingungen erhalten.

b) Es bestehen auch keine Anhaltspunkte dafür, dass die Klägerin ihren Arbeitnehmern verbilligte Vermittlungsleistungen erbracht hätte.

Zwar wäre für Vermittlungsleistungen dieser Art die Rabattbesteuerung insofern in Betracht gekommen, als das Vermitteln von Versicherungen zur Produktpalette der Klägerin gehörte. Jedoch hat die Klägerin, wie sich aus den Feststellungen des FG ergibt, nur dem Versicherungsunternehmen gegenüber eine Vermittlungsleistung erbracht. Allerdings können Vermittlungsleistungen auch gegenüber beiden Abschlussparteien zu erbringen sein, die sich die diesbezüglichen Kosten ggf. teilen, wie das beispielsweise bei Grundstücksvermittlungen vorkommt. Das ist im Streitfall jedoch erkennbar nicht geschehen. Zwischen der Klägerin und ihren Arbeitnehmern bestanden keine Rechtsbeziehungen, nach denen die Klägerin von ihren Arbeitnehmern eine –ggf. anteilige– Provision hätte verlangen und auf die sie mit Rücksicht auf das Dienstverhältnis hätte verzichten können. Dies wird in solchen Zuschussfällen des Streitfalles besonders deutlich, in denen Angehörige von Arbeitnehmern Versicherungsnehmer waren, die in keinerlei Rechtsbeziehungen zur Klägerin standen. Vielmehr standen der Klägerin Ansprüche nur gegen das Versicherungsunternehmen zu, die auch in vollem Umfang erfüllt wurden.

Da die Klägerin ihren Arbeitnehmern keine verbilligten Dienstleistungen erbracht hat, war kein Sachlohn zu bewerten. Auf den Barzuschuss durch Weitergabe anderweit verdienter Entgelte ist die Rabattbesteuerung nicht anwendbar (im Ergebnis ebenso BFH-Urteil vom 7. November 2006 VI R 81/02, BFH/NV 2007, 426, mit dem das Urteil in EFG 2002, 1584 bestätigt wurde; vgl. auch BFH-Urteile vom 4. Mai 2006 VI R 67/03, BFHE 214, 95, BStBl II 2006, 914, und vom 6. November 2001 VI R 54/00, BFHE 197, 148, BStBl II 2002, 164).

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